Psychothriller mit familiärem Sprengstoff – voller Esprit
Premiere von Gaetano Donizettis „Maria Stuart“ an der Hamburger Kammeroper. Ein umjubelter Abend.
Das Produktionsteam an der Hamburger Kammeroper fokussiert ganz auf die Rivalität der beiden Frauen und die Wurzeln in der Familiengeschichte. Der Vorhang zeigt ein
historisches Familiengemälde in einem großen goldenen Rahmen. In der Mitte Heinrich VIII. umringt von seiner Familie.
Der Vorhang ist durchsichtig, zur Ouvertüre sieht man dahinter einen Rückblick: Maria und Elisabeth als Mädchen am Esstisch, ein strenger Vater/Onkel spricht mahnende Worte, aber die Mädel
spielen schon mal Königin und zanken sich munter um eine Krone. Dass die eine Herrscherin wie ein sich ergänzendes Spiegelbild der anderen ist, zeigen auch die Bühne (Katrin
Kegler) und die historischen, dezent modern aufgemischten Kostüme (Luzie Nehl-Neuhaus). Beide haben rote Haare, das Zimmer Marias mit Bett, kleinem Sekretär und Schrank ist
spiegelbildlich zum Zimmer Elisabeths.
Regisseur Roman Hovenbitzer hat schauspielerisch exzellent mit allen Sängern gearbeitet: Das ist ein packendes szenisches Spiel, ein spannender Psychothriller.(...)
Das sind zweieinhalb lohnende Stunden Kurzweil, musikalisch und szenisch voller Esprit.
(Hamburger Abendblatt)
Rivalinnen im Psychodrama: Oper mit Hochspannung
Maria Stuart - ein intensiver Abend mit viel Drama und Witz
(...) Das Kluge der Inszenierung, die Maria und Elisabeth immer auch als Influencerinnen zeigt, die um ihr Image bemüht sind: Jede öffentliche Geste wirkt doppelbödig. Hauptsache, die Show
stimmt. Wer die Bilder hat, hat die Macht. Auch darin ist der Abend aktuell! (…) Es kann nur eine geben. Feline Knabe als Königin Elisabeth I. und Luminata Andrei als ihre Rivalin Maria Stuart
schenken sich nichts: Das hat theatralisch Pfeffer - und ist Oper mit Hochspannung.
Regisseur Roman Hovenbitzer inszeniert die beiden als Schwestern, die sich seit der Kindheit bekriegen - wortwörtlich. Schon während der Ouvertüre sieht man hinter dem durchsichtigen Vorhang, wie
die zwei als Kinder miteinander streiten. (...) Der Clou des Abends: Die Frauen sind verzerrte Spiegelbilder. Die eine hat etwas, was die andere begehrt. Elisabeth hat die Krone, ist aber
ungeliebt. Maria ist ein Star der Herzen, ist aber machtlos. Die Bühne verstärkt dieses Spiegelverhältnis der Frauen, als säßen beide Königinnen nur eine Wand voneinander entfernt. Sie deutet ein
Labyrinth der Kammern und Zimmer an.
(NDR | Kulturjournal)
Konzentriertes Familiendrama
Regisseur Roman Hovenbitzer erzählt Donizettis Tudor-Drama als konzentriertes Familiendrama, in das der Zuschauer direkt zu den stummen Szenen der Ouvertüre Einblicke erhielt: Zwei KInder mit ausgeprägter Persönlichkeit, die miteinander spielen, aber auch erbittert zanken, einander in Liebe und Konkurrenzkampf verbunden sind. (…) Die Kämpfe der erwachsenen Protagonistinnen präsentierten sich im weiteren Verlauf der Oper als lineare Fortsetzung der in der Ouvertüre gelegten Konfliktherde und Verwundungen. Den "familieninternen" Machtkampf hat eindeutig Elisabeth für sich entscheiden können, während Maria offenkundig dem Alkohol verfallen ist und ein abgeschiedenes Dasein im gleichen Palast fristet, quasi Tür an Tür mit ihrer nunmehr regierenden "Schwester". Hier und da tut sich in diesem Narrativ eine Kluft zum Libretto auf, aber das tut dem Konzept keinen Abbruch, ist im Gegenteil ein spannungsreiches Erzählmittel, das gerade in diesem royalen Kammerspiel für gute Unterhaltung sorgt.
(Das Opernglas)