Pressestimmen

Liebe gibt´s nicht nur im Kino

Großer Applaus für Jules Massenets Oper „Cendrillon" in Münster

Es wird gewiss nicht schaden, sich die Fußnägel zu feilen, bevor man den Pantoffel des Prinzen anprobiert. Dachten sich all die schönen Damen in der Oper „Cendrillon“, die vergebens mit dem titelgebenden Aschenputtel wetteiferten. Ein hübsches Detail, das man auf der Bühne des Großen Hauses wohl nur schwer erkennen könnte. Aber auf der Leinwand, in schwarz-weißer Kino-Optik, funktioniert das prächtig. 

Regisseur Roman Hovenbitzer macht großes Kino im Theater und hat sich von Oliver Berg einige schöne Filmsequenzen vorbereiten lassen. Der Grund:  Die 1899 uraufgeführte Märchenoper von Jules Massenet thematisiert, über den Märchenstoff hinausgehend, den Traum der armen Heldin von einem besseren Leben – wie ihn die Traummaschine Kino immer wieder bietet. Dass eine kleine Putzkraft im Lichtspielhaus ausgerechnet einen Stummfilm über das Märchen „Cendrillon“ sieht, ist ein fabelhafter Ausgangspunkt für die Inszenierung.

Der putzige Kinosaal, den Ausstatter Bernhard Niechotz geschaffen hat, lässt sich für den dritten Akt der Oper auch in eine winterliche Traumlandschaft verwandeln, in der die hilfreiche Fee und ihre Geister so kitschigschön aussehen dürfen, wie es nur der Traum erlaubt. Auf der anderen Seite betonen die Kostüme die schrille Welt der Realitätsebene: Die Kleider der Stiefschwestern sind so überkandidelt, dass sich die Mädchen nur mit Mühe hinsetzen können, und die Frackschöße der Hofgesellschaft machen aus den Herren veritable Pinguine.

Jules Massenets Musik dürfte für die meisten Theaterbesucher eine Neuheit sein – und eine Entdeckung. (...) Ein besonders gutes Beispiel dafür ist das Duett von Cendrillon mit ihrem Vater, das nicht nur musikalisch einen Höhepunkt bietet, sondern auch szenisch ein schönes Schwelgen in Erinnerungen ist – als wär’s ein Zitat aus dem Jodie-Foster-Film „Familienfest“. Wenn die Damen hingegen vor dem Prinzen auflaufen wie in einer schlechten Modelshow, wird der Abend richtig witzig. (...) Auch für die übrigen Sänger und den ebenfalls fein abgestimmten Chor bietet die gut zweistündige Oper wunderbar genutzte Möglichkeiten. Wann gibt es mehr von Massenet?

(Westfälische Nachrichten)

 

Regisseur Roman Hovenbitzer ließ sich bei seiner Inszenierung von der Tatsache inspirieren, dass im Jahr der Uraufführung der Oper 1899 der Film das Thema „Aschenputtel“ ebenfalls für sich entdeckte. Und so spielt seine Version nicht im Hause von Pandolphe, sondern in einem Kino, das offensichtlich Cendrillons Vater gehört oder wo dieser als Filmvorführer beschäftigt ist und seine Tochter als Putzfrau fungiert. Zur Einstimmung kann der Zuschauer auf der Leinwand die späteren Hauptdarsteller bewundern, die sich gleichsam aus derselben herausbegeben, um in die Wirklichkeit einzutreten.

„Tout est possible!“ (Alles ist möglich!) kann der Zuschauer dann auf eben dieser Leinwand lesen. Die Idee ist hervorragend und hebt das „Märchen“ über die bloße Geschichte hinaus in eine greifbare Wirklichkeit. Es treten erstaunlicherweise keine Brüche auf, und dem Regisseur gelingt es, seine Inszenierung mit zahlreichen lustigen Einfällen zu spicken. (…) Eine rundum gelungene Aufführung!

(Opernglas)

 

Mit Glitzer ist alles besser: Massenets Opernmärchen funkelnd und detailliert in Szene gesetzt 

(…) Das Theater Münster wagt sich zeitgleich mit der Metropolitan Opera an „Cendrillon“, und nicht nur die Westfalen können stolz auf das Ergebnis sein, das es in Münster zu sehen gibt.

Bei Regisseur Roman Hovenbitzer setzt die Handlung bei einer Filmpremiere von „Cinderella“ an. Der Star des Films ist natürlich der heiß begehrte Märchenprinz, der im Kino, wo die Filmpremiere stattfindet, das erste Mal auf Lucette, die Tochter des Kinobesitzers Pandolphe sowie auf deren schrullige Stiefschwestern nebst Stiefmutter trifft, die Lucette Cendrillon rufen. Bühnenbildner Bernhard Niechotz lässt dabei die Herzen der Lokalpatrioten höher schlagen. Das Kino erinnert an das schöne Schlosstheater, eines der letzten alten Lichtspielhäuser in Münster. In den Videos von Oliver Berg taucht immer wieder der Erbdrostenhof auf. Immer wieder vermischen sich Film und Bühnenhandlung, perfekt abgestimmt. Das optische Vergnügen wird noch zusätzlich gesteigert durch die wunderbaren Kostüme, ebenfalls von Niechotz. Er verbindet geschickt Klassik und Moderne, Schrilles und Schlichtes. Am Theater Münster wird beim Bühnenzauber endlich mal wieder nicht gekleckert, sondern auf höchstem Niveau geklotzt. 

Dazu kommt eine ganz wunderbare Personenführung, mit der Hovenbitzer den Figuren echtes Leben einhaucht. Mit vielen kleinen Details erzählt er die Handlung, weiß sein Publikum zum Lachen zu bringen, nimmt aber auch den märchenhaften Charakter ernst. Ein perfektes Beispiel dafür, wie sich Regie mit Musik zu einer Einheit verbindet. (…)

(O-Ton/Das Kulturmagazin)

 

Originell und grandios erzählt

Regisseur Roman Hovenbitzer gelingt es gemeinsam mit Bernhard Niechotz (Bühne und Kostüme), Oliver Berg (Video) und insbesondere Stefan Veselka am Pult des Sinfonieorchesters Münster, ein Opernmärchen von 1899 aus einem Kinosaal heraus originell zu erschließen und grandios zu erzählen. Außer der gesanglich prächtigen Leistung gefällt an dieser Inszenierung das spielerische Element, das Roman Hovenbitzer aus den Akteuren förmlich herauskitzelt. Sentimentalität lässt er nicht aufkommen. Garant ist das gesamte Ensemble bis hin zu Chor und Extrachor. Vor allem die drei adeligen Damen mit schrillem Humor und schlechten Manieren sind eine sehenswerte Köstlichkeit, weit entfernt von irgendwelchem Seelenschmalz.

(Die Glocke)

 

Aschenputtel – tout est possible!

Sie schiebt den Putzwagen mit zwei großen Müllsäcken in den Saal und darf Popcorn-reste entfernen, während die Stiefschwestern sich aufbrezeln. Schließlich sucht der Märchenprinz seine Prinzessin. Regisseur Roman Hovenbitzer hat Jules Massenets französische Oper Cendrillon (Aschenputtel) in ein Kino verlegt. Die musikalische Leitung liegt bei Stefan Veselka. Selten sieht man so viele Kinder in der Oper wie bei der gestrigen Premiere im Großen Haus.

Die Idee, die Oper so zu verorten, ist einfach klasse. Denn Uraufführung war 1899 in Paris, zu einem Zeitpunkt als die Bilder gerade laufen lernten. Auf der Bühne gestern wohnen dann auch sämtliche Darsteller einer Kino-Premiere bei, während „Cendrillon“ – natürlich in Schwarz-Weiß – über die Leinwand flimmert. Filmvorführer ist niemand Geringeres als Pandolphe, Aschenputtels Vater, der sich neu verheiratet hat. Nun hat seine neue Frau, Madame de la Haltière, selbst zwei Töchter, die es zu verheiraten gilt. Da kommt so ein Märchenprinz auf Brautschau gerade recht. Das ist schon ein echter Hingucker, wie die beiden Töchter vom Shoppen zurückkehren und sich „hübsch“ machen, in grellem Purpur, gelben Fransenstiefeln oder abricotfarbenen Hotpans. Dazu die Haare mit Unmengen von Haarspray zu Hahnenkämmen modelliert. Na, wenn das nichts wird. Selbst Madame de Haltière wähnt sich noch in der Konkurrenz um die Gunst des Prinzen, schließlich betet sie Pandolphe ihren Stammbaum runter.

Ach, und dann kennt das arme Aschenputtel seine Aufgaben, fegt und wischt und wienert, während sich die Stiefschwestern für den Besuch bei Hofe vorbereiten. Erschöpft legt sie sich nieder mit einem Pappaufsteller, der das Bild des Prinzen zeigt – ein Werbemittel für den Film. Was Traum ist und was real, verwischt. Ach, armes Cendrillon. Und dann steigt die gute Fee mit ihrem Gefolge aus dem Film, ganz in weiß und mit leuchtenden Sternen. Regisseur Roman Hovenbitzer hat sich von Woody Allens „The purple rose of Cairo“ inspirieren lassen, wo ein Mädchen sich in den Hauptdarsteller verliebt, der dann aus dem Film heraustritt. Mitleid mit dem armen Geschöpf hat die gute Fee, wenn schon der geliebte Vater so schwach ist und das Werben seiner Stieftöchter vielleicht nicht gerade unterstützt, doch zumindest billigend in Kauf nimmt. Der Zauberschuh als Talisman und ein so geschmackvolles Kleid von Feenhand. Da ist Cendrillon selbst ganz bewegt. Sie darf zu Hofe, muss aber um Mitternacht wieder daheim sein.

Auf einer Art Zwischenmembran werden Videosequenzen gezeigt, Aschenputtel auf dem Weg ins Schloss durch den Wald, ein ängstlicher Blick zurück und schon ist das Auditorium bei Hofe, erlebt aufgeregte Staatsminister und einen Prinzen, der auf einer beleuchteten Kanonenkugel angeschwebt kommt. Was interessieren ihn irdische Probleme, wo doch die Sehnsucht herrscht? 

Sein Vater, der König, hat die heiratsfähigen Damen des Reiches geladen und die werden von mal zu mal aufdringlicher, präsentieren dem Prinzen Schenkel und Einblicke. Da bleibt ihm nur die Flucht. Doch dann sieht er sie: die Erscheinung von einem anderen Stern. Cendrillon, es geht auf Mitternacht zu, was bist Du noch bei Hofe? In der Eile verliert das Aschenputtel seinen Schuh. Was gehen den Prinzen die Damen an. Er will nur die Frau, die zu dem Schuh gehört. So gibt es dann etliche lustige Proben, teils mit Fußspray, gequetscht, gelockert, geschoben. Für den guten Ausgang ist dann die Fee zuständig. 

Eine durchweg schöne Inszenierung. Ein besonderes Kompliment für Bernhard Nieschotz, der sich für die Bühne und die Kostüme verantwortlich zeigt. Auch die vielen Videoeinspielungen sind klasse, zeigen mal nur Konturen, deren Gesamtbild man nur erahnen kann und die die Fantasie anregen. (...) Tout est possible – hier ist alles möglich!

(Erlesenes Münster/Der Kulturblog im Netz)

 

Das Regie-Team um Roman Hovenbitzer lässt sich vor allem von dem Medium Film inspirieren. Pandolphe, der Vater von Cendrillon, betreibt bei Hovenbitzer ein Kino, in dem der neue Film Cendrillon in Anwesenheit der Hauptdarsteller Premiere feiert. Zur Ouvertüre sieht man auf einer großen Leinwand als Stummfilm die Schlusssequenz des Films, in der der Märchenprinz zu seiner geliebten Cendrillon findet. Ein Conférencier stellt dem Publikum die Akteure vor, die nach einem kurzen Pressetermin vor lebensgroßen Pappfiguren der Hauptpersonen Prinz, Cendrillon und Fee zur Premierenfeier ins Restaurant "Belle Époque" entschwinden. 

Jetzt erst setzt die eigentliche Opernhandlung ein. Madame de la Haltière, Lucettes böse Stiefmutter, putzt ihre beiden Töchter Noémie und Dorothée für den Besuch der Feier heraus und hofft darauf, dass eine ihrer beiden Töchter auf der Feier das Herz des Hauptdarstellers gewinnen kann. Pandolphe folgt seiner Frau und lässt Lucette schweren Herzens allein im Kinosaal zurück. 

Diese macht sich an ihre Arbeit, träumt sich aber bald in eine andere Welt, in der eine Fee mit sechs Geistern aus der Kinoleinwand heraustritt. (...) Gemeinsam mit den Geistern stattet sie Lucette mit einem prächtigen Abendkleid und gläsernen Schuhen aus und bringt sie mit der Auflage, Punkt Mitternacht zurückzukehren, zur Premierenfeier. Ab jetzt erkennt der Zuschauer die Grenze zwischen Traum und Realität nicht mehr.

Zurück im Kino fühlt sich Lucette von überdimensionalen Schatten verfolgt, die in einer beeindruckenden Videoprojektion von Oliver Berg an die Rückwand des Kinosaals geworfen werden. Erschöpft flieht sie aus dem Haus und will sich das Leben nehmen. Die Rückwand des Kinosaals löst sich nun auf, und die Fee führt Lucette mit verbundenen Augen in einen abstrakten, verschneiten Raum, in dem sie erneut dem Prinzen, der nach dem Verschwinden der unbekannten Schönen ebenfalls das Weite gesucht hat, begegnet. 

In einem musikalisch wie szenisch betörenden Duett finden die beiden zueinander, bevor der Morgen anbricht und Lucette erneut in den Kinosaal zurückkehrt. Die Suche des Prinzen nach der Besitzerin des geheimnisvollen Schuhs wird nun als Film auf der Leinwand gezeigt. Mit großem komischen Talent versuchen Mitglieder des Chors, Madame de la Haltière und ihre beiden Töchter, den Schuh anzuziehen. Dabei sieht man, wie die Damen zunächst ihre Füße feilen und bearbeiten, bevor sie sich dem Anpassen des Schuhs stellen. Natürlich passt der gläserne Schuh keiner der Damen, und so kommt es durch das Wirken der Fee zu einer erneuten Begegnung zwischen Prinz und Lucette. Wie auf der Leinwand gibt es dann auch im Saal für den Hauptdarsteller und das Mädchen im Kino ein glückliches Ende. Die Grenzen zwischen Traum und Realität sind nun endgültig verschwommen. (...) 

Am Ende gibt es großen Applaus für alle Beteiligten.

(OMM / Online Musik Magazin)

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