Gelungen war die Inszenierung von Roman Hovenbitzer. Gekonnt verpasste der junge Regisseur dem Stück einen zeitgenössischen Anstrich, ohne dabei dessen Kern anzutasten, was heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Ausstatter Tilo Steffens hat ihm einen kühl anmutenden Kachelraum auf die Bühne gestellt, gleichsam einen „Wartesaal zu Glanz und Glamour“, in den nach Bedarf auch weitere Räume eingepasst werden konnten, so z. B. das Pariser Domizil von Manon und Des Grieux sowie die Kirche von Saint-Sulpice. In diesem Ambiente läuft das Geschehen flüssig und kurzweilig ab. Geschickt zeichnet Hovenbitzer den Lebensweg Manons nach. Bereits während des Vorspiels erscheint sie als Kind, das bereits in seinem jugendlichen Alter einen ausgeprägten Hang zu Vergnügen und Luxus zeigt - ein toller Einfall. Sehr eindringlich ist auch der Schlussakt: Die stark geschwächte Manon wird hinter einigen Mülltonnen von einem Soldaten vergewaltigt. Ihrem Sterben unter einer nüchtern anmutenden Straßenlaterne wird jede Süßlichkeit, die hier auch fehl am Platz wäre, von vornherein genommen. Der Kreis schließt sich. Das Kind Manon erscheint wieder und setzt ihrem erwachsenen, dem Tod geweihten Alter Ego zum Trost ein Diadem auf. Nach ihrer tragischen Selbsterkenntnis darf Manon mit sich selbst versöhnt sterben - ein sehr eindringliches Ende.
(Orpheus Oper International)
Schon gleich, während der knappen Ouvertüre, zeigt Roman Hovenbitzer den Beginn der Karriere der Manon. Ein kleines Mädchen verliebt sich in den schönen Schein des Glamours und des Tands. Tilo Steffens kalte Ausstattung, eine weißgekachelte, auf einer Seite mit den populären Abziehbildern Hollywoods und den Hochglanzmagazinen zugeklebte, Spirale, wird Schauplatz für alle Szenen. Egal, ob Poststation/Bahnhof oder Glamourbar oder Spelunke, sein Raum schafft Platz für die verschiedensten Stationen der Protagonistin. Hovenbitzer und Steffens vertreiben alle Rokokoattitüden, sie verlegen die Handlung ins hier und jetzt, bringen ihr Personal in die Zwänge der Gegenwart. (...)
Hovenbitzer gelingt die Darstellung des Aufstiegs und vor allem der Fall der Manon glaubwürdig. Der Wandel der Klosterschülerin über die Femme fatale hin zur abgestürzten Hure wird von seiner Manon Sofia Kallio anrührend dargestellt. Auch Milen Bozhkov glänzt als naiver, verführbarer Liebhaber genau wie der von weiblicher Sexualität bedrohter Priester. Marek Reichert gibt den Cousin Lescaut als hinterhältiger drogendealender Zuhälter. Hoverbitzer bleibt in seiner Darstellung der Tragödie distanziert, am Ende, wenn Manon misshandelt vor einer Polizeistation ein letztes Mal durchgevögelt wird, hält sich das Mitleid des Zuschauers in Grenzen. Zu sehr war sie in ihrem Vorleben auf ihren Vorteil bedacht.
Hovenbitzer und Steffens gelingt eine fulminante Deutung der Prévost’schen Vorlage. Gerade weil sie auf jeden geschichtlichen Bezug verzichten, wird ihre Manon so aktuell, ohne dass die Erotik der Partitur von Massenet leidet. Der Premierenabend endete unter lang anhaltenden dankbaren Applaus für eine Gesamtleistung, die es mit Leichtigkeit mit jeder Hochglanzproduktion aufnehmen kann.
(Der Opernfreund)
Schillernde, sowie fesselnd-authentische Bilder
Die Umsetzung der mehr als 250 Jahre alten Romanvorlage in die Moderne ist gelungen: Die Inszenierung von Jules Massenets Oper „Manon“ am Landestheater Coburg wurde zum durchschlagenden Erfolg. (...) Regisseur Roman Hovenbitzer erzählt die Geschichte dieser femme fatale in kontrastreichen Bildern, die alle in einem riesigen, weißgekachelten Durchgangsraum entstehen. Auf dieser,
von Tilo Steffens gestalteten Straße des Lebens liegen Momente des kurzen Glücks und bedrohende Szenarien nah beieinander.
(TV Franken)
Parabel über die Versuchungen des schönen Scheins
Dass Jules Massenets Oper „Manon“ eine Geschichte ohne jede Hoffnung auf ein Happyend erzählt, demonstriert Roman Hovenbitzers Neuinszenierung am Coburger Landestheater. Hovenbitzers Blick auf die nach dem Roman von Abbé Prévost entstandene Oper ist unbeirrbar illusionslos. (...) Von Ausstatter Tilo Steffens hat sich Hovenbitzer dazu einen kalt anmutenden, gekachelten und spiralartig nach hinten führenden Wartesaal auf die Bühne stellen lassen. (...) Dem Regie-Ausstattungs-Duo gelang dabei eine nachvollziehbare, im Grundgedanken durchaus schlüssige Deutung. (...) Am Ende gibt es freundlich ausdauernden Premieren-Beifall für eine insgesamt sehenswerte Neuinszenierung.
(Coburger Tageblatt)